Fieglhuber-Gutscher, Marianne (Maria Anna); geb. Fieglhuber, verheiratete Gutscher (1886–1978), Malerin und Radiererin

Fieglhuber-Gutscher Marianne (Maria Anna), geb. Fieglhuber, verheiratete Gutscher, Malerin und Radiererin. Geb. Wien, 12. 8. 1886; gest. Graz (Steiermark), 20. 1. 1978; röm.-kath. Tochter des Kaufmanns Ludwig Fieglhuber und seiner Frau Pauline Fieglhuber, geb. Zifferer; ab 1914 verheiratet mit Eduard Gutscher (geb. St. Georgen/St. Georgen an der Traisen, Niederösterreich, 23. 1. 1888; gest. Wien, 1. 5. 1955), Beamter der k. k. Staatsbahnen. – F. besuchte 1904–09 die Kunstschule für Frauen und Mädchen in Wien bei →Ludwig Michalek (Radierung), →Max(imilian) Kurzweil sowie →Egge Sturm-Skrla (Malerei) und erhielt Privatunterricht bei Robin Christian Andersen. In den Folgejahren unternahm sie ausgedehnte Studienreisen durch Europa und nach Ägypten und bildete sich autodidaktisch in der Mosaik- und Glasfenster-Technik aus (für Stift Rein bei Graz gestaltete sie Ende der 1960er-Jahre ein Glasfenster). Ab 1921 unterhielt sie einen zweiten Wohnsitz im niederösterreichischen Kasten, nach dem 2. Weltkrieg lebte sie zurückgezogen v. a. in Gratkorn, in der Nähe der Familie ihrer Tochter, und war bis zu ihrem Tod – zum Schluss nur mehr mit wenigen Porträt-Aufträgen – künstlerisch aktiv. Zunächst befasste sich F. im Rahmen des Radierclubs Wiener Künstlerinnen, dessen Mitglied sie war, besonders mit dieser graphischen Technik. Später widmete sie sich fast ausschließlich der Ölmalerei, verwendete aber v. a. für Blumenstillleben gerne das Aquarell. Neben der Landschaft und den Pflanzenstillleben stand thematisch die menschliche – und zwar meist die weibliche – Figur im Zentrum ihres Interesses. Ab den 1930er-Jahren führte die Bildwelt F.s vorwiegend in die Welt der Frauen: Diese sind mit häuslichen Tätigkeiten befasst oder verweilen ruhig-sinnend und oft allein oder in kleinen Gruppen, auch etliche Selbstbildnisse entstanden. Besonders hervorzuheben ist ihre intensive Auseinandersetzung mit dem weiblichen Akt, auch hier in Einzel- oder Gruppendarstellungen. Ab den 1950er-Jahren befasste sie sich zunehmend mit der Darstellung der Landschaft, in der nun häufig Motive der technisierten Welt wie Gebäudekomplexe, Fabriken, Brücken und Ähnliches auftauchen. Stilistisch ist ihre Malerei dem späten österreichischen Expressionismus zuzuordnen. V. a. das Spätwerk ist durch einen reduzierten Bildaufbau aus wenigen, durch starke Konturlinien voneinander abgegrenzten Flächen gekennzeichnet und erreicht eine starke Ausdruckskraft. Einzelausstellungen ihrer Arbeiten fanden 1935 (Galerie Würthle, Wien), 1948 (Secession, Wien, im Rahmen des Hagenbunds), 1958 (Kleine Galerie, Wien), 1960, 1969, 1974 (Joanneum, Graz) und 1977 (Österreichische Galerie Belvedere, Wien) statt. Weiters beteiligte sie sich u. a. an Ausstellungen in Stockholm (1917), Wien (1925, Deutsche Frauenkunst, 1930, Zwei Jahrhunderte Kunst der Frau in Österreich, 1931–46 Wiener Secession) und Graz (1974, 1975). F. war Mitglied der Gesellschaft für christliche Kunst, der Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs (ab 1919), an deren Ausstellungen sie sich regelmäßig beteiligte, und der Vereinigung/Genossenschaft bildender Künstler Steiermarks, Graz. 1969 wurde F. mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, 1976 mit dem Professorentitel ausgezeichnet. Ihre Arbeiten befinden sich u. a. im Graz Museum und der Neuen Galerie (beide Graz), der Albertina, der Österreichischen Galerie Belvedere und dem MAK – Museum für angewandte Kunst (alle Wien).

L.: AKL; Fuchs, Geburtsjgg.; Vollmer; O. H. Joachim, in: Österreichische Illustrierte Zeitung 40, 1930, H. 11, S. 6f.; R. List, Kunst und Künstler in der Steiermark 1, 1967; +/- 90. Schaffende Künstler über 85 in der Steiermark, ed. Th. Zaunschirm, Graz 1974 (Kat.); M. F.-G. (1886–1978), ed. A. Lendl, Graz 1986 (Kat.); Gesamtkatalog der Gemälde, ed. W. Skreiner, Graz 1988, S. 182 (Kat.); Kunst des 20. Jahrhunderts 1, bearb. C. Reiter, 1993; S. Plakolm-Forsthuber, Künstlerinnen in Österreich 1897–1938, 1994, S. 175, 183; E. Doppler, Blickwechsel und Einblick. Künstlerinnen in Österreich, Wien 1999, S. 81, 125 (Kat.); Die Cabinette des Dr. Czerny, ed. Ch. Steinle, Graz 2001, S. 225 (Kat.); U. Müksch, in: Wiener Kunsthefte, 2002, Nr. 1, S. 4f.; biografiA. Lexikon österreichischer Frauen 1, 2016; Ladies First! Künstlerinnen in und aus der Steiermark 1850–1950, ed. G. Danzer, Graz 2020, S. 240ff., 377 (Kat., mit Bild); M. F.-G., ed. R. Widder, 2022; fieglhuber-gutscher.com (Zugriff 2. 5. 2021); Pfarre Gumpendorf, Wien; Künstler/innenarchiv Neue Galerie, Stadtarchiv, beide Graz, Steiermark.
(G. Danzer)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)