Wawruch, Andreas (1772–1842), Mediziner

Wawruch Andreas, Mediziner. Geb. Němčitz, Mähren (Němčice nad Hanou, CZ), 25. 11. 1772; gest. Wien, 21. 3. 1842; röm.-kath. Sohn des Bauern Ignaz Wawruch und der Anna Wawruch, geb. Kazyk, Schwiegersohn von →Valentin Johann von Hildenbrand, Neffe des Theologen und Lehrers Kaspar Wawruch; ab 1815 mit Josepha Wawruch, geb. von Hildenbrand, verheiratet. – W. wurde ab 1779 im Haus seines Onkels erzogen, wo er Violin- und Gesangsstunden erhielt. Ab 1783 besuchte er das Piaristengymnasium in Kremsier. 1786 wurde er als Knabensopran in die erzbischöfliche Kapelle aufgenommen. Ab 1792 studierte W. Philosophie, ab 1795 Theologie an der Universität Olmütz, ehe er an die medizinische Fakultät der Universität Prag wechselte (nachgewiesen nur 1805/06). 1810 kurzzeitig Supplent in Prag, ging er noch im selben Jahr als Assistent an die medizinische Klinik in Wien. Nachdem er bereits 1808 seine Arbeit „De priscorum Graeciae ac Latii medicorum studio restaurando“ veröffentlicht hatte, erhielt er 1811 die Erlaubnis, unentgeltlich außerordentliche Vorlesungen aus dem Gebiet der Geschichte und Literatur der Medizin im Allgemeinen Krankenhaus zu halten; 1812 Dr. med. mit der Dissertation „Tentamen inaugurale philologico-medicum, sistens antiquitates typhi contagiosi“. 1812–19 wirkte W. als Professor der allgemeinen Pathologie, Therapie und Pharmakologie an der Universität Prag. Ab 1819 war er, als Nachfolger →Johann Nep. von Raimanns, bis zu seinem Tod Leiter der Medizinischen Klinik für Wundärzte in Wien. In Beethovens letzten Lebensjahren, insbesondere ab Ende 1826, stand W. ihm als Arzt zur Seite. Die damals übliche Behandlung von Beethovens Lungenleiden sowie von Folgeerkrankungen durch bleihaltige Arzneimittel soll im Zusammenhang mit einer Leberschädigung zu dessen Tod beigetragen haben. In seiner Forschung widmete sich W. v. a. dem Bandwurmleiden und dessen Behandlung. Er befasste sich außerdem mit epidemischen Krankheiten (z. B. Cholera), wobei noch Jahre nach seinem Tod auf seine Forschungen auf diesem Gebiet Bezug genommen wurde. Auf der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Wien 1832 hielt er einen vielbeachteten Vortrag über die Erwähnung der Cholera im Alten Testament (gedruckt: „Disquisitio medica Cholerae, cujus mentio in sacris biblis occurrit“, 1832). Ab 1832 fungierte W. auch als Mitarbeiter der „Medicinischen Jahrbücher des k. kgl. Österreichischen Staates“. W. war ab 1838 Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien.

Weitere W. (s. auch Boegershausen): Ärztlicher Rückblick auf L. v. Beethovenʼs letzte Lebensepoche, in: Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode, 30. 4. 1842 (auch englisch: Medical review on the final stage of L. v. Beethovenʼs life, in: The Beethoven journal 22, 2007); Praktische Monographie der Bandwurmkrankheit durch zweihundert sechs Krankheitsfälle erläutert, 1844.
L.: ADB; Hirsch; Wurzbach; M. Neuburger, Die Wiener medizinische Schule im Vormärz, 1921, s. Reg.; H.-M. Boegershausen, Personalbibliographien von Professoren und Dozenten der Inneren Medizin … der Universität Wien … 1790–1850, med. Diss. Erlangen-Nürnberg, 1972, S. 157ff. (mit Bild und W.); H. P. Clive, Beethoven and his world, 2001, s. Reg.; M. Lorenz, in: The Beethoven journal 22, 2007, S. 92ff.; Beethovens Persönlichkeit 2, ed. A. Leißmann, 2012, s. Reg.; UA, Wien; UA, Praha, CZ.
(A.-K. Fischer)   
Zuletzt aktualisiert: 10.12.2019  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 8 (10.12.2019)