Bremser, Johann Gottfried (1767–1827), Mediziner und Parasitologe

Bremser Johann Gottfried, Mediziner und Parasitologe. Geb. Wertheim, Grafschaft Wertheim (D), 17. 8. 1767; gest. Wien, 21. 8. 1827; evang. AB. Sohn des Regierungssekretärs Johann Christoph Bremser und der Sophia Christina Bremser, geb. Wegelin, Vater u. a. des Juristen und ab 1853 Notars in Mödling Ludwig Gottfried Bremser (geb. Wien, 21. 5. 1813); ab 1802 verheiratet mit Anna Maria Bremser, geb. Kaufmann. – Nach Abschluss des Gymnasiums 1786 absolvierte B. eine Apothekerlehre in Deutschland und der Schweiz. Ab 1794 studierte er Medizin an der Universität Jena; 1796 Dr. med. Im Anschluss folgten Studienreisen durch Deutschland, Italien, die Schweiz und Österreich. 1797 ließ sich B. in Wien nieder und konnte nach Ablegung der Nostrifikationsprüfungen als Arzt praktizieren. Rasch erwarb er sich den Ruf eines Volksarztes, der mittellose Patienten mitunter gratis behandelte und gemeinverständliche Schriften, u. a. über Hygienemaßnahmen, auf eigene Kosten veröffentlichte. 1802 experimentierte er am Taubstummeninstitut in Wien mit galvanischen Therapien. Des Weiteren engagierte er sich für die gesetzliche Einführung der Pockenimpfung (Variolation nach Edward Jenner). B.s besonderes Interesse galt den Eingeweidewürmern (Helminthen). Er behandelte „Wurmkranke“, studierte deren Krankheitsverlauf, entwickelte ein eigenes Wurmöl zur Therapie und wurde im Wiener Volksmund „der Doctor, der gegen die Würmer hilft“ genannt. Auf Betreiben von →Karl von Schreibers war B. ab 1806 neben seiner Arztpraxis im zoologischen Hof-Naturalien-Cabinet beschäftigt, zunächst als Volontär, ab 1808 als Stipendiat, ab 1810 als Kustos. Dort sammelte und dokumentierte er Eingeweidewürmer von rund 60.000 Wirtstieren, aber auch von Menschen, und baute, unterstützt von Schreibers, →Johann Natterer und →Joseph Natterer sowie von Ärzten und Naturforschern im In- und Ausland, die damals größte Helminthensammlung der Welt auf. Sein intensiver Austausch mit Karl Asmund Rudolphi in Berlin führte zu zahlreichen Neubeschreibungen von Helminthenarten. Darüber hinaus hatte er regen Kontakt u. a. zu →Nicolaus Joseph Freiherr von Jacquin, George de Cuvier, Andre de Dumeril, Thomas von Sömmering, Johann Wolfgang von Goethe und Christian Nitsch. Zu seinen Schülern zählten u. a. →Karl Moritz Diesing, Friedrich Leuckart, Eduard Mehlis und August Westrumb. B. war ab 1810 Mitglied der Medicinisch-chirurgischen Gesellschaft des Kantons Bern, ab 1816 der Faculté de Medicine de Paris, ab 1819 Mitglied der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin, ab 1820 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina sowie ab 1821 korrespondierendes Mitglied der königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München.

W.: Uiber die Kuhpocken, 1801; Medizinische Parömien, 1806; Die Kuhpocken als Staats-Angelegenheit betrachtet, 1806; Ein paar Worte über die Scharlachkrankheit und die Masern, 1806; Anweisung, wie man sich bei schlechter und der Gesundheit nachtheiliger Witterung gegen Krankheiten verwahren kann, 1807; Notitia collectionis insignis vermium intestinalium et exhortatio ad commercium litterarium, 1811 (gem. mit Schreibers); Dr. B., über lebende Würmer im lebenden Menschen, 1819, Reprint 2018ff. (französisch 1824 und italienisch 1828); Etwas über Echinococcus hominis Rud., in: Deutsches Archiv für die Physiologie 6, 1820; Icones Helminthum Systema Rudolphii Entozoologicum illustrantes, 1824.
L.: WZ, 7. 11. 1827; NDB; A. Prinz, in: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Tropenmedizin und Parasitologie 12, 1990, S. 243ff. (mit Bild); V. Stagl – H. Sattmann, Der Herr der Würmer, 2013 (mit Bild); H. Sattmann u. a., in: WKW 126, 2014, S. 3ff.; Josephinum, Naturhistorisches Museum, evang. Pfarre Wien-Innere Stadt, UA, WStLA, alle Wien; Landeskirchliches Archiv der evangelischen Kirche in Baden, Karlsruhe, Staatsarchiv Wertheim, beide D.
(H. Sattmann – V. Stagl)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)