Gülcher, Jakob (Jacob) Theodor (1825–1875), Industrieller

Gülcher Jakob (Jacob) Theodor, Industrieller. Geb. Wien, 22. 7. 1825; gest. ebd., 14. 2. 1875. Sohn von →Theodor Gülcher und Antonia Maria Magdalena Gülcher, geb. Bonmassar, Vater der Firmengesellschafter Karl (Carl) Gülcher (geb. Wien, 25. 2. 1856; gest. Unterwaltersdorf, Niederösterreich, 14. 6. 1915; röm.-kath.), Anneliese (Anna Elisabeth) Gülcher (geb. Wien, 7. 1. 1858; gest. 13. 12. 1891), Antonie (Tony) Gülcher (gest. Wien, 1945), Marie Schlumberger Edle von Goldeck, geb. Gülcher (geb. Wien, 7. 2. 1864; gest. ebd., 24. 7. 1941), Paul Gülcher (geb. Wien, 1. 12. 1869; gest. ebd., 16. 8. 1925), Iwan Gülcher sowie des Firmengesellschafters und Rechtsanwalts Arthur Gülcher (geb. Wien, 10. 5. 1868; gest. ebd., 10. 10. 1936); in 1. Ehe ab 1853 verheiratet mit Anna Maria Gülcher, geb. Freiin von Plenker, Tochter des Zentraldirektors der k. k. Tabakfabriken Georg Freiherr von Plenker, in 2. Ehe mit Gabriele Gülcher, geb. Passy (gest. 24. 2. 1905). – G. war ab 1842 im Unternehmen seines Vaters tätig und ab 1845 Geschäftsführer. Nach dessen Tod übernahm er die von diesem gegründete Garnspinnerei und Fezfabrik in Neusteinhof in Inzersdorf, die er gemeinsam mit seinem Cousin Robert Sternikel leitete. G., der mehrere Patente zur Textilbearbeitung sowie Fezerzeugung besaß und ein breitgefächertes Sortiment der orientalischen Kappen anbot, stieg zu einem der führenden österreichischen Fezproduzenten auf. Er exportierte u. a. nach Griechenland und Syrien, wo seine seit 1862 als gewerbliche Marke registrierten Erzeugnisse besonders beliebt waren. Auf der Pariser Weltausstellung 1867 wurden G.s hochwertige Feze mit einer Silbermedaille ausgezeichnet. Für die Arbeiter der Fabrik Neusteinhof ließ G. Wohnhäuser bauen und richtete eine Krankenversicherung ein. 1869 wurde der Standort Neusteinhof aufgelassen und die Fezerzeugung ausschließlich in der Theodor Gülcher & Sohn, Unter-Waltersdorfer orientalische Kappen-, Schafwollwaaren- und Spinnfabrik fortgesetzt. Nach G.s Tod führten sein Schwager Hermann Gülcher und seine Söhne Karl und Paul Gülcher den Betrieb weiter. Die Firma rüstete u. a. die bosnisch-herzegowinischen Truppen der Armee mit Fezen aus. Nach dem Niedergang der Absatzmärkte im Osmanischen Reich stellte der Betrieb die Fezproduktion 1899 schließlich ein. Die Maschinen, Patente, Marken- und Musterrechte für die Fezfabrikation wurden von der Actiengesellschaft der Österreichischen Fezfabriken übernommen. G. war ab 1867 Träger des osmanischen Mecidiye-Ordens IV. Klasse und ab 1871 Ritter des Königlich griechischen Erlöser-Ordens.

L.: Oesterreichisch-ungarischer Ordens-Almanach 1, 1876, S. 150; M. Purkhart, Die österreichische Fezindustrie, phil. Diss. Wien, 2006, S. 66ff., 271f.; E. Mayer, Die Theodor Gülcher-Gasse. Ein Fabrikant verschreibt sich der Schulentwicklung (online, Zugriff 25. 2. 2018); Zedhia, Zentraleuropäisches digitales wirtschafts- und gesellschaftshistorisches interaktives Archiv (online, Zugriff 17. 4. 2018); Pfarre Unterwaltersdorf, Niederösterreich.
(Ch. Kanzler)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)