Hassinger, Johann Edler von (1805–1892), Mediziner

Hassinger Johann Edler von, Mediziner. Geb. Wien, 12. 8. 1805; gest. ebd., 26. 5. 1892; röm.-kath. Sohn des Postkondukteurs Johann Hassinger und der Agnes Hassinger, geb. Meder, Neffe des Seidenbandfabrikanten Thomas Garstett, Bruder des Seidenbandfabrikanten Josef Hassinger, der das Unternehmen seines Onkels übernahm, Vater u. a. von Oberst Franz Edler von Hassinger (1835–1912) und von Hauptmann Julius Edler von Hassinger, der 1865 in Mexiko fiel, Schwiegervater von →Karl Horsetzky von Hornthal; ab 1833 verheiratet mit der Offizierstochter Johanna Neumann von Regensberg (1817–1890). – H. besuchte ab 1823 die Josephs-Akademie in Wien. 1830 Dr. med. und chir., lehrte er dort im Anschluss als Assistent. Ab den 1830er-Jahren war er zudem erfolgreich in der Bekämpfung der Typhus-Epidemie in Galizien eingesetzt, durchlief die Funktionen eines Regiments- und später Korps-Chefarztes in der ungarischen Leibgarde sowie in den Hoflagern in Prag, Mailand und Venedig und genoss bereits unter Kaiser →Ferdinand I. einen ausgezeichneten Ruf. 1844 erhielt H. in Wien das Recht zur Ausübung der ärztlichen und wundärztlichen Praxis. 1848 wurde er Abteilungs- und Spitals-Chefarzt bei der Garde. Ab 1850 diente er als Major-Stabsarzt in Italien, 1851 wurde er zum chefärztlichen Leiter aller Militärspitäler in Wien und Umgebung bestellt und gleichzeitig zum Mitglied der Feldsanitätskommission ernannt. In dieser Zeit war er einerseits wissenschaftlich produktiv und andererseits an der Organisation des militärischen Sanitätswesens maßgeblich beteiligt. Ab 1854 fungierte H. als dirigierender Stabsarzt und Sanitätsreferent im 1. Armeekommando, 1859 als Chefarzt der 1. Armee in Italien. 1866 Sanitätsreferent beim Generalkommando, wurde er 1869 Generalstabsarzt und Abteilungsvorstand im Ministerium für Landes-Verteidigung und öffentliche Sicherheit und führte in dieser Funktion die Neuorganisation des Sanitätswesens im gesamten Heer durch. 1875 war er der erste Inhaber der ersten Rangstufe eines Chefs des militärärztlichen Offiziers-Korps. 1877 trat er in den Ruhestand. H. verfasste eine Reihe wissenschaftlicher Artikel, u. a. über Hydrophobie („Geschichte einer Hydrophobie“, in: Verhandlungen der k. k. Gesellschaft der Aerzte zu Wien 2, 1843), Typhus sowie Strychnin, und hielt diverse Vorträge, beispielsweise über die Funktion und Struktur von Militärspitälern im Krieg. Er war Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Institutionen, wie der Gesellschaft der Ärzte (ab 1857), Ehrenmitglied des kroatischen Ärztevereins (Zbor liječnika, ab 1875), einer Kommission über die Anwendungen von Gipsverbänden sowie in humanitären Vereinen. Besonders aktiv zeigte er sich im Wiener Zentral-Krippenverein, der 1847 von →Ludwig Mauthner von Mauthstein gegründet worden war, wo H. vorerst im Direktionsvorstand, dann als Mitglied und als Lokaldirektor und schließlich als Präsident und Nachfolger Mauthners wirkte. In seiner Amtszeit als Präsident gewannen die Kinderkrippen an immenser Bedeutung, viele prominente Wiener Persönlichkeiten saßen in den Ehrenkomitees. Eine der sieben Wiener Krippen wurde posthum nach ihm Dr. H.-Krippe benannt. 1859 erhielt er das Ritterkreuz, 1873 das Komturkreuz des Franz Joseph-Ordens, 1866 den Orden der Eisernen Krone III. Klasse. 1861 wurde H. mit dem Prädikat „Edler von“ in den Adelsstand erhoben.

L.: Das Vaterland, 13. 10. 1877, 18. 8. 1897; NFP, 27. 5. 1892 (Parte); WZ, Deutsches Volksblatt, 28. 5. 1892; M. Neuburger, Die Wiener medizinische Schule im Vormärz, 1921, S. 245; I. Fischer, Geschichte der Gesellschaft der Ärzte in Wien 1837–1937, 1938, s. Reg.; Wien und die Weltmedizin, ed. E. Lesky, 1974, S. 128; Pfarre Döbling, Pfarre Schottenfeld, WStLA, alle Wien.
(B. Brudermann)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)