Mysz-Gmeiner Jula (Julie Sophie), geb. Gmeiner, Sängerin und Lehrerin. Geb. Kronstadt, Siebenbürgen (Brașov, RO), 15. 8. 1876; gest. Schwerin, Sowjetische Besatzungszone (D), 7. 8. 1948; evang. Tochter des Kaufmanns Julius Gebhard Gmeiner (1840–1903), Inhaber einer Petroleumfabrik, und seiner auf semiprofessionellem Niveau musikalisch tätigen Frau Julie Gmeiner, geb. Hintz (1851–1923), Schwester u. a. der Sängerin Ella Gmeiner (1874–1954), des Baritons und Gesangspädagogen Rudolf Gmeiner (1880–1937), des Cellisten und Musikpädagogen Julius Gebhard Gmeiner (1883–1918) sowie der Pianistin, Korrepetitorin und Klavierpädagogin Luise Gmeiner (1885–1951), Mutter der Sängerin Susanne Mysz, verheiratete Anders (1909–1979); ab 1900 mit dem Marineoffizier und Ingenieur Ernst Mysz verheiratet. – M. bekam schon vor Schulbeginn ersten Musikunterricht im Fach Geige. Später folgte Gesangsunterricht bei →Rudolf Lassel. Ab ca. 1894 erhielt sie in Wien berufsqualifizierenden Gesangsunterricht im engeren Sinne von →Gustav Walter. Parallel zu ihrer beruflichen Laufbahn bildete sie sich in der Folge bei Emilie Herzog, →Etelka Gerster-Gardini, Raimund von Zur Mühlen und →Lilli Lehmann fort. Ausgehend von Wien und ab 1900 von ihrem dann gewählten Wohnort Berlin aus konzertierte sie im gesamten deutschsprachigen Kulturraum. Sie unternahm außerdem Konzertreisen u. a. nach Island, in die USA, nach Spanien, Frankreich, Italien, Ungarn, Russland, England, Skandinavien sowie in das heutige Tschechien und Slowenien. Eine künstlerische Zusammenarbeit verband die Mezzosopranistin u. a. mit Max Reger, →Franz Schreker, Eduard Behm, Emil Mattiesen und →Richard Strauss. Reger und Mattiesen, wie auch andere Komponisten, widmeten ihr mehrere Lieder. Im Laufe ihrer Berufstätigkeit sang M. einige Uraufführungen. Insgesamt hatte sie ein umfangreiches, vielfältiges und anspruchsvolles Repertoire mit Liedern und Konzertarien von →Franz Schubert, Robert Schumann, →Johannes Brahms, →Gustav Mahler, Robert Franz, Edvard Grieg, →Franz von Liszt, Joseph Marx, Arthur Rubinstein, Hans Sommer, →Hugo Wolf und anderen. Opernarien zählten nur vereinzelt dazu. Spätestens ab 1909 gab M. Gesangsunterricht in privatem Rahmen. 1920 wurde sie als Professorin an die Staatliche akademische Hochschule für Musik zu Berlin (heute: Universität der Künste) berufen, wo sie u. a. Elisabeth Schwarzkopf unterrichtete. 1943 zerstörte ein Bombenangriff ihre Wohnung. Als sie aus psychischen Gründen nicht mehr in der Lage war, in den Hochschulräumlichkeiten zu unterrichten, wurde ihr Vertrag nicht weiter verlängert. Noch 1944 erhielt sie eine Stelle am heutigen Landeskonservatorium Schwerin als Fachbereichsleiterin im Fach Gesang, die sie bis zu ihrem Tod innehatte. Im Laufe ihrer pädagogischen Tätigkeit unterrichtete M. im Stil der „Didaktik der Meisterlehre“. Sie verfolgte die Prinzipien einer „deutschen“ Gesangspädagogik und trennte wie damals üblich zwischen Technik und Musik. Insgesamt übte sie ihre außergewöhnlich erfolgreiche pädagogische und künstlerische Tätigkeit über fast fünf Jahrzehnte hinweg aus. Ihre auch während des NS-Regimes ununterbrochene Beschäftigung in beiden Bereichen zeigt, dass sie sich mit der jeweiligen politischen Situation auf vergleichsweise unkritische Weise arrangierte. 1905 wurde M. zur k. u. k. Kammersängerin ernannt. Sie nahm in den 1920er-Jahren einige Lieder auf. Ihr Stimmporträt erschien in der Reihe „Lebendige Vergangenheit“ (Preiser Records, Wien 1997).