Anczyc, Stanisław (1868–1927), Metallurge und Technologe

Anczyc Stanisław, Metallurge und Technologe. Geb. Warschau, Russisches Reich (Warszawa, PL), 5. 5. 1868; gest. Lwów, Polen (L’viv, UA), 2. 2. 1927; vermutlich röm.-kath. Sohn von →Władysław Anczyc und Tekla Anczyc, geb. Bryniarska, Bruder des Historikers Wacław Anczyc (geb. Warschau, 4. 2. 1866; gest. Kraków, PL, 27. 9. 1938); ab 1895 verheiratet mit Marianna Albina Anczyc, geb. Dąbrowską. – Nach dem Besuch des Gymnasiums in Krakau studierte A. 1885–89 an der Technischen Hochschule in Lemberg (währenddessen erhielt er zweimal einen Preis des Towarzystwo Bratniej Pomocy Studentów Politechniki Lwowskiej). Im Anschluss absolvierte er ein Praktikum in der Maschinenfabrik von Emil Twerdy in Bielitz. 1890 diente er bei der k. u. k. Marine in Pola. Im darauffolgenden Jahr übernahm er eine Assistentenstelle am Lehrstuhl für Mechanik und Maschinenlehre bei →Juliusz Jan Ritter von Bykowski an der Technischen Hochschule in Lemberg. Im selben Jahr erhielt er ein Stipendium für einen sechsmonatigen Wollfärbekurs im Technischen Museum in Wien. Weiters vertiefte er seine praktischen Kenntnisse in der Tuchfabrikation bei →Franz Strzygowski d. J., an der staatlichen Industrieschule in Bielitz und in einer mährischen Fabrik, die Wolldecken erzeugte. 1893 übersiedelte A. nach Rakszawa bei Łańcut, wo er beim Bau und der technischen Einrichtung der Landestuchmacherschule mitwirkte, die er in der Folge zehn Jahre lang leitete. Daneben arbeitete er als technischer Direktor der Stoff- und Deckenfabrik in Rakszawa. 1898 bereiste er das heutige Österreich und Deutschland, um sein Fachwissen über die Weberei zu erweitern; 1902 Dr. rer. techn. der Technischen Hochschule in Lemberg. 1902–07 belegte er Vorlesungen aus mechanischer Technologie an der C.K. Państwowa Szkola Przemysłowa in Krakau. 1906 habilitierte er sich an der Technischen Hochschule in Lemberg. Im Jahr darauf vertiefte er seine Kenntnisse, v. a. im Hinblick auf metallographische Tests, bei Emil Heyn an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg und arbeitete gleichzeitig in der staatlichen Materialprüfanlage in Groß-Lichterfelde an den Festigkeitstests von Adolf Martens mit. Noch im selben Jahr übernahm er als Stellvertreter den Lehrstuhl für mechanische Technologie an der Technischen Hochschule in Lemberg, wo er auch ein metallographisches Labor errichtete; 1908 o. Professor für mechanische Technologie und beschreibende Maschinenlehre, 1910–21 Mitglied der Verwaltungskommission sowie des Akademischen Senats, 1912–14 Dekan der Fakultät für Maschinenbau, 1915/16 Rektor der Technischen Hochschule. 1917 erhielt er die Befugnis eines Zivilingenieurs für Maschinenbau. 1919–21 nahm A. am Polnisch-Sowjetischen Krieg teil. Sein Interesse galt der Textilindustrie in Galizien, der Metallurgie und der Webtechnik. In seinen Arbeiten befasste er sich mit dem Färben von Wolle, der Herstellung von Geweben und der Charakterisierung minderwertiger Fäden in Wollgeweben. Von seinen zahlreichen Monographien und Lehrbüchern sind u. a. „Farbierstwo wełny“ (1898), „W sprawie reorganizacji Muzeum techniczno-przemysłowego w Krakowie“ (1904), „Wykończanie tkanin“ (1908), „O nauce technologii w szkołach politechnicznych“ (1912) und „Techniczne stopy metali“ (1928) hervorzuheben. Darüber hinaus publizierte er in den Fachorganen „Czasopismo Techniczne“ (1911–18 Redakteur), „Mechanika“ und „Przegląd Techniczny“. 1911 gab er den Tagungsband „Pamiętnik V. Zjazdu Techników Polskich we Lwowie w roku 1910“ heraus. A. war u. a. ab 1904 Mitglied des Towarzystwo Politechniczne we Lwowie, ab 1923 des Towarzystwo Naukowe we Lwowie sowie der Akademia Nauk Technicznych w Warszawie. 1917 erhielt er den Orden der Eisernen Krone III. Klasse, 1923 das Komturkreuz des Order Odrodzenia Polski.

Weitere W.: s. Czasopismo Techniczne.
L.: PSB; Czasopismo Techniczne 45, 1927, S. 33f. (mit Bild und W.); Polskie Towarzystwo Politechniczne we Lwowie 1877–1927, 1927, S. 34, 45ff., 54ff., 67, 76, 78, 88; Kronika. Program Politechniki Lwowskiej na rok naukowy 1927/28, 55, 1927, S. 207f.; Przegląd Techniczny 53, 1927, S. 248f. (mit Bild); Życie Technickie 6, 1927, S. 47f.; B. Orłowski, Słownik polskich pionierów techniki, 1986; Z. Popławski, Dzieje Politechniki Lwowskiej 1844–1945, 1992, s. Reg.; Leksykon historii Polski, 1995; Nacional’nyj universytet „L’vivska politechnika“, ed. J. Bobalo, 2009, S. 36; H. Ditchen, Die Politechnika Lwowska in Lemberg, 2015, S. 157, 167, 194.
(M. Nadraga)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)