Balcárek (Balzarek), Aleš (Alexander, Aleksandr); Ps. Slavomír Pustinský (1840–1862), Schriftsteller

Balcárek (Balzarek) Aleš (Alexander, Aleksandr), Ps. Slavomír Pustinský, Schriftsteller. Geb. Schönwald, Mähren (Šumvald, CZ), 21. 2. 1840; gest. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 1. 5. 1862 (Suizid). Sohn des Seifensieders Anton Balcárek und von Barbara Balcáreková, geb. Kouřilová. – Nach dem frühen Tod seiner Mutter wurde B. von seiner Stiefmutter erzogen. Mit acht Jahren wurde er auf Schüleraustausch geschickt, besuchte die Trivialschule in Mährisch-Neustadt und ab 1853 das Gymnasium in Olmütz, wo er sich näher mit der tschechoslawisch geprägten Kulturbewegung beschäftigte. Nach einem Konflikt mit dem Direktor Carl H. Wibiral ging er 1860 – ohne die Matura abzulegen – nach Wien, wo er, statt auf Wunsch der Eltern Theologie zu studieren, unter ärmlichen Verhältnissen ein Bohèmeleben als Kommissionsbuchhändler und Notenkopist führte. Dabei knüpfte er Kontakte zur mährischen Studentenschaft (u. a. zu František Jaroslav Kubíček). Noch im selben Jahr zog B. aufgrund eines Arbeitsangebots nach Prag und wirkte als Korrektor im Verlag von →Josef Richard Vilímek d. Ä. B. war Mitglied von patriotischen und mährischen landsmännischen Vereinen (Moravan, Blaník) und veröffentlichte Gedichte sowie kurze Beiträge über das Zeitgeschehen. Als Privatist war er zudem Hörer der Chemie am Polytechnischen Institut. Krankheitsbedingt wurde er ab Anfang 1862 mehrmals hospitalisiert. Unter ungeklärten Umständen stürzte er sich vom Prager Roßtor und starb kurz danach im Allgemeinen Krankenhaus. Sein Begräbnis auf dem Wolschaner Friedhof wurde zu einer nationaltschechischen Demonstration der Prager Studentenschaft. In seinen Gedichten, die sowohl formal als auch thematisch stark vom romantischen Historismus seiner Zeit (→Jan Kollár, Königinhofer Handschrift) geprägt sind, versuchte B. das tschechischnationale Programm und den mährischen Zugang dazu in mehreren Zeitschriften („Hvězda“, „Pěstoun moravský“) und Almanachen („Dunaj“) zu propagieren. Ähnlich publizierte er auch über das zeitgenössische Geschehen in den Zeitschriften „Moravan“ bzw. „Opavský besedník“. Seine erst posthum erschienene intime Lyrik zeigt aber ein anderes Bild von seinem Schaffen: tiefen existenziellen Pessimismus und Skepsis sowie soziale Kritik eines deklassierten Außenseiters in Form von Volksliedern nach dem Vorbild eines →Jan Neruda. Nach ihm ist u. a. der nordmährische literarische Verein Společnost A. Balcárka (1937–38 und erneut seit 2002) benannt.

Weitere W. (s. auch LČL; Masaryk; Otto): Pozůstalé básně, ed. F. Brzobohatý, 1862 (2. erweiterte Aufl. als Zůstalé básně, 1874, eingeleitet von G. Pfleger Moravský); Básně, ed. M. Hýsek, 1913.
L.: Hlas, Národní listy, 3., Čas, 4., Vaterland, 6., Mährischer Correspondent, 7., Moravské noviny, 9. 5. 1862; LČL (mit W.); Masaryk (mit W.); Otto (mit W.); Lumír 12, 1862, S. 452; K. Adámek, in: Časopis Matice moravské 34, 1910, S. 101f.; B. Slavík, in: A. B., Z díla, 1937; Zhynulá naděje, ed. M. Rusinský, 1940; J. Neruda, Literatura 1, ed. J. Thon, 1957, S. 315; J. Polák, in: Severní Morava 9, 1963, S. 10ff.; T. Motlíček, ebd. 80, 2000, S. 76f.; M. Řepa, Moravané nebo Češi?, 2001, S. 131ff.; Naděje nezhynula. A. B. 1840–1862, ed. J. Čajová, 2002; Vyhledáváte v kategorii: Archiv hlavního města Prahy (Zugriff 25. 1. 2023).
(V. Petrbok)   
Zuletzt aktualisiert: 25.8.2023  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 11 (25.08.2023)