Brosch, Klemens (1894–1926), Maler und Graphiker

Brosch Klemens, Maler und Graphiker. Geb. Linz (Oberösterreich), 21. 10. 1894; gest. ebd., 17. 12. 1926 (Suizid); röm.-kath. Sohn des Schuldirektors Franz Philipp Brosch (geb. Bistritz, Siebenbürgen / Bistrița, RO, 1859; gest. Linz, 1933) und von Elisabeth Brosch, geb. Kastner (geb. Leonfelden/Bad Leonfelden, Oberösterreich, 1886; gest. Linz, 1946), Bruder des Malers und Graphikers Franz Brosch (geb. Linz, 18. 2. 1889; gest. ebd., 8. 2. 1962); ab 1920 verheiratet mit Johanna Springer (geb. Innsbruck, Tirol, 1894; gest. Wels, Oberösterreich, 1972). – Nach Besuch der Franz-Josef-Staats-Oberrealschule (1905–07) wechselte B. aufgrund schlechter Zeugnisnoten vorerst in die Bürgerschule, dann in die Handelsakademie (1909–10) und wieder zurück an die Oberrealschule (1913 Matura). Seine zu dieser Zeit entstandenen Zeichnungen zeigen einen Einfluss von Max Klinger und bereits 1912 fand seine erste Ausstellungsbeteiligung im Oberösterreichischen Kunstverein statt. 1913 begann er ein Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien in der Malklasse von →Rudolf Bacher. Da B. als Freiwilliger in Brixen den Militärdienst absolvierte und krankheitsbedingt die Aufnahmeprüfung an der Akademie nicht ablegen konnte, hatte der Vater Kunstproben eingereicht, die das Direktorium der Akademie sofort überzeugten. 1914 wurde er zum Kriegsdienst nach Galizien eingezogen. Aufgrund von Herz- und Lungenerkrankungen wurde er mit Morphium behandelt, was zu einer lebenslänglichen Rauschgiftabhängigkeit führte. In dieser Zeit entstanden packende und erschütternde Kriegszeichnungen. 1915 wurde er aus dem Wehrdienst entlassen und kehrte an die Akademie zu Bacher zurück. 1915/16 wechselte er an die Meisterschule für graphische Künste, geleitet von →Ferdinand Schmutzer, wo er bis zu seinem Abschluss 1918 studierte (Füger-Medaille, 1916, Gundel- und Kleber-Preis, 1917, Teutschmannstipendium, 1917, Wiltschgo-Reisestipendium, 1918). Mit seinen Arbeiten (druckgraphische Zyklen und Einzelblätter) beteiligte er sich regelmäßig an den Ausstellungen der Künstlervereinigung MAERZ und erhielt Aufträge aus privater und öffentlicher Hand (Gemeinden und Stadt Linz). Die Schaffensjahre 1914–16 zählten zu den produktivsten im Œuvre des Künstlers. Für die neugegründete Linzer Künstlervereinigung Ring schuf er 1919 das Ausstellungsplakat. 1920 entwarf B. Notgeld u. a. für die Gemeinden Puchenau, Neufelden, Schwanenstadt, Atzbach, St. Johann am Walde, Weitersfelden, Sonnberg, St. Georgen an der Gusen und Kirchberg. Der Beginn seines Stilwandels zeichnete sich nun ab: Es entstanden vorwiegend dunkle Pinselzeichnungen in Tusche, Feder- und Bleistiftzeichnungen verschwanden aus seinem Œuvre und es fand ein Wechsel der Bildthemen statt. Negative, destruktive Bildvisionen prägten von nun an das Gesamtwerk. B., der häufig im sogenannten Giftgadern des Apothekers Sepp Melichar in der Linzer Schutzengel-Apotheke, einem Treffpunkt für Künstler, Dichter und Intellektuelle, verkehrte, erlebte 1921–23 eine Schaffenskrise. Die erhofften Verkäufe blieben aus und der Künstler und seine Frau standen vor dem finanziellen Ruin. Sämtliche Wertgegenstände, der Hausrat und die Briefmarkensammlung wurden verkauft, die Suchtgiftbeschaffung wurde zum einzigen Lebensinhalt. Von Dezember 1923 bis Mai 1924 hielt sich B. erstmals in der Heilanstalt Niedernhart in Linz auf, der zweite Aufenthalt erfolgte von März bis Juni 1925. Zwischen den Entzügen arbeitete er als Bauzeichner im Auftrag der Oberösterreichischen Wasserkraft- und Elektrizitäts-AG (heute Energie AG) und dokumentierte u. a. die Kraftwerkbauten Partenstein und Achensee. Im Oktober 1926 fand seine letzte Einzelausstellung im Ländersaal an der Promenade statt und er begann erneut ein Studium bei Schmutzer an der Wiener Akademie. Im Dezember beging B. Selbstmord auf dem Pöstlingberg-Friedhof in Linz. B. war 1913 gemeinsam mit Anton Lutz, Hans Pollack, Franz Brosch, →Franz Sedlacek und Hans Bitzan Mitbegründer der Künstlervereinigung MAERZ. Er zählt heute zu den bedeutendsten Zeichnern Österreichs Anfang des 20. Jahrhunderts.

W.: s. Thaller.
L.: AKL; Fuchs, Geburtsjgg.; ÖKL; Vollmer; H. Oberleitner, Gedächtnisausstellung K. B., Linz 1954 (Kat.); G. Wacha, K. B., Linz 1963 (Kat.); O. Kastner, K. B., Linz 1963 (Kat.); W. Kirschl, Der Zeichner K. B. 1894–1926, Innsbruck 1979 (Kat.); P. Baum, K. B. – C. A. Reichel – A. Wach, Linz 1982 (Kat.); E. Thaller, K. B., geisteswiss. Diss. Salzburg, 1985 (mit W.); Secessionism and Austrian Graphic Art 1900–20, ed. P. Baum, Linz 1990 (Kat.); E. Nowak-Thaller, K. B., 1991; Ausgeliefert. Beispiele österreichischer Graphik der Zwischenkriegszeit nahe der Phantastik, K. B., C. A. Reichel, F. Sedlacek, A. Wach, ed. P. Assmann, Wetzlar u. a. 1996 (Kat.); R. Wall, K. B. oder eine Einübung ins Unmögliche, 2001; G. Spindler, Zeichner im Schnee. K. B., F. Blaas, Linz 2001 (Kat.); E. Nowak-Thaller, K. B. Kunst und Sucht des Zeichengenies, Linz 2016 (Kat.); E. Nowak-Thaller, K. B. Wiederentdeckung eines großen Zeichners, Wien – Linz 2017 (Kat.); ABK, Wien.
(E. Nowak-Thaller)   
Zuletzt aktualisiert: 10.12.2019  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 8 (10.12.2019)