Bendl, Karel; Ps. Podskalský (1838–1897), Komponist, Dirigent und Musiklehrer

Bendl Karel, Ps. Podskalský, Komponist, Dirigent und Musiklehrer. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 16. 4. 1838; gest. ebd., 20. 9. 1897. Sohn eines Porzellandrehers und -kaufmanns und seiner Frau Anna, geb. Fritsch. – Ursprünglich Handschuhmacher, studierte B. 1855–58 an der Orgelschule in Prag bei Karl Pietsch und trat zuerst in Prager Musiksalons und Vereinen als Sänger (Tenor) auf. Er gehörte zu den Begründern des Gesangsvereins Hlahol (1861), nach der Gründung des Vereins Umělecká beseda (1863) war er in dessen Musiksektion tätig. Im Herbst 1864 unternahm er eine Studienreise und war kurze Zeit Kapellmeister an der deutschen Oper in Brüssel, nach deren Bankrott Chormeister an der deutschen Oper in Amsterdam. Nachdem →Friedrich Smetana 1865 seine Chormeisterstelle im Hlahol niedergelegt hatte, wurde B. sein Nachfolger (bis 1877). Zu seinen Verdiensten gehört die Erweiterung des Chors um einen Damenchor, was ihm ermöglichte, größere Vokalwerke aufzuführen; für diese engagierte er auch gute Solisten, v. a. Mitglieder des Prager Interimstheaters. Nur episodisch (1874–75) war er Kapellmeister am Interimstheater und 1877–78 Chormeister an der russisch-orthodoxen St. Nikolaus-Kirche in der Prager Altstadt. Ab 1878 Chormeister in Diensten von Paul Baron von Derwies in Nizza bzw. Lugano, begann er auf dessen Veranlassung seine Oper „Gina“ nach einem italienischen Libretto zu schreiben; 1881 hielt er sich kurz in Mailand auf. Nach seiner Rückkehr nach Prag war B. Redakteur der Musikbeilage der „Humoristické listy“ (1883–86), die eine Reihe von Salonmusik-Werken und anderen kleineren Stücken veröffentlichte (u. a. von →Anton Dvořák, Joseph Bohuslav Foerster, →Ludevít Procházka, Mořic Anger, →František Kaván, Emanuel Chvála, →Adalbert Hřímalý und →Zdeněk Fibich). Für den Prager Verlag E. Starý redigierte B. eine Sammlung von Männerchören tschechischer Komponisten. Während Dvořáks Amerikaaufenthalts vertrat ihn B. ab 1894 in der Kompositionsklasse am Prager Konservatorium, an dem er dann bis zu seinem Tod unterrichtete. Seinen ersten Erfolg als Komponist erzielte er mit dem Chor „Poletuje holubice“ nach dem Text von Václav Crha in einem von der Zeitschrift „Dalibor“ 1860 ausgeschriebenen Wettbewerb. Seine ausschließlich auf tschechischen Texten basierenden Lieder und Chöre wurden bald sehr populär. Was seinen kompositorischen Stil betrifft, wurde B. oft mit Dvořák verglichen, mit dem er befreundet war. Beide vertonten häufig dieselbe Textvorlage, wählten denselben Dichter oder dieselbe Gattung (z. B. Duette). Als erster tschechischer Komponist widmete sich B. der Komposition für Kinder (ein Klavierzyklus, Lieder). Bekanntheit erlangte er v. a. durch seine (etwa 300) Chöre; er war Ehrenmitglied zahlreicher Gesangsvereine und seine Chöre wurden auch außerhalb Böhmens aufgeführt. Werke für Orchester (überwiegend Gelegenheitsstücke) begann er erst in den 1880er-Jahren zu komponieren. B.s Opern weisen ein unterschiedliches Niveau auf. Er versuchte darin die auf seinen Reisen gewonnenen Einblicke in die Theaterpraxis und verschiedene Stilrichtungen aufzugreifen, was jedoch später (v. a. im Vergleich mit Smetana) als Mangel an Originalität und als Eklektizismus verstanden wurde. Man warf ihm zudem geringes Interesse an einheimischen Themen vor, wie bereits bei seiner in Spanien spielenden Oper „Lejla“ nach Edward Bulwer-Lytton (1868) bzw. später bei der Oper „Indická princezna“ (1877). Auch bei den Bühnenwerken nach Sujets aus der böhmischen Geschichte, den komischen Opern „Starý ženich“ (1874) und „Karel Škréta“ (1883), wurden seiner Musiksprache fremde Einflüsse (Mendelssohn, Meyerbeer, Gounod) vorgehalten. Seine Oper „Břetislav“ (1869) löste eine Polemik über die richtige tschechische Gesangsdeklamation aus, die Eliška Krásnohorská (→Alžběta Pechová) und →August Wilhelm Ambros in den „Hudební listy“ (1870) führten. Die Oper „Černohorci“ wurde dennoch, gemeinsam mit Fibichs Oper „Blaník“, mit dem 2. Preis im Wettbewerb um die Eröffnung des Prager Nationaltheaters ausgezeichnet, „Dítě Tábora“ erhielt den 1. Preis der Königlich böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. Unaufgeführt blieben „Die Wunderblume“ nach einem deutschen Libretto sowie die bereits erwähnte „Gina“. B.s Versuch einer veristischen Oper „Máti Míla“ nach dem Libretto von Axel Delmar wurde als verfehlt bezeichnet. Hingegen schätzte man stets sein lyrisches Talent. In der späteren Rezeption und im Vergleich zu den Opern Smetanas hatte das gesungene Ballett „Švanda dudák“ Bestand, der erste tschechische Versuch in diesem Genre. 30 Jahre nach B.s Tod wurde sein Opernschaffen als technisch geschickt und gut instrumentiert beurteilt, es blieb jedoch ohne nachhaltigeren Einfluss.

Weitere W. (s. auch ČHS; Grove, 2001; MGG II): Klavierstücke; Streichquartett; Jihoslovanská rapsodie (für Orchester), 1881; Slavnostní pochod k otevření Národního divadla, 1881. – Lieder und Duette: Šest písní z Rukopisu královédvorského, 1875, Cigánské melodie, 1881, Písně v národním tónu, 1882, Dvanáct milostných písní, 1891, Čtvero písní pro bas neb alt; Frauenchöre; Männerchöre a cappella und mit Orchesterbegleitung; gemischte Chöre; Kantaten; Ballette.
L.: ČHS (mit W.); Grove, 1980, 2001 (mit W.); Grove, Opera; Ludvová (mit Bild); MGG II (mit W.); oeml; A. W. Ambros, in: Hudební listy 1, 1870, S. 241ff.; E. Krásnohorská, ebd., S. 298ff., 306ff.; J. Theurer, in: Česká hudba 12, 1907, S. 87ff., 93ff., 102ff.; Zd. Nejedlý, Česká moderní zpěvohra po Smetanovi, 1911, S. 161; Památník zpěváckého spolku Hlaholu v Praze …, red. R. Lichtner, 1911, S. 54ff. (mit Bild); E. Krásnohorská, Z mého mládí, 1920, S. 153ff.; J. Bartoš, Prozatímní divadlo a jeho opera, 1938; J. Polák, K. B., 1938 (mit Bild); O. Hostinský, Studie a kritiky, 1974, s. Reg.; Dějiny českého divadla 3, 1977, s. Reg.; Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters 1, 1986; M. Pospíšil, in: Hudební věda 34, 1997, S. 375ff.; M. Bártová-Holá, in: Opus musicum 29, 1997, Nr. 1, S. 7ff.; Website Český hudební slovník osob a institucí (Zugriff 26. 2. 2018); HHStA, Wien; farnost při kostele sv. Petra na Pořící, Praha, CZ.
(V. Reittererová)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 1, 1954), S. 68
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