Orzechowski von Oksza, Kazimierz (Kasimir) Edmund von (1878–1942), Neurologe

Orzechowski von Oksza Kazimierz (Kasimir) Edmund, Neurologe. Geb. Przemyśl, Galizien (PL), 5. 2. 1878; gest. Warschau, Generalgouvernement (Warszawa, PL), 5. 2. 1942; vermutlich röm.-kath. Sohn des Offiziers Zygmunt Orzechowski von Oksza (geb. Stary Sambor, Galizien / Staryj Sambir, UA, 12. 7. 1839; gest. Przemyśl, 1. 11. 1893) und von Helena Orzechowski von Oksza, geb. Ptaszek, Vater u. a. des Anästhesisten Kazimierz Orzechowski von Oksza (geb. 1940); verheiratet mit Zofia Orzechowski von Oksza, geb. Boziewicz, ab 1937 mit Aniela Orzechowski von Oksza, geb. Honckiewicz. – Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte O. ab 1896 Medizin an der Universität Lemberg und arbeitete währenddessen bei →Stanisław Bądzyński; 1901 Dr. med. 1902–09 vertiefte er seine Ausbildung an der II. Medizinischen Universitätsklinik in Wien. Daneben arbeitete O. an der Klinik für Psychiatrie und Nervenkrankheiten bei →Richard Freiherr von Krafft-Ebing sowie bei →Heinrich Obersteiner am Neurologischen Institut. An Letzterem fungierte er 1903 als Demonstrator, danach als Assistent. Weitere Kenntnisse erwarb sich O. an der I. Medizinischen Klinik bei →Karl von Noorden sowie an der II. Psychiatrischen Klinik bei →Julius Wagner-Jauregg. 1907 wirkte er an der Nervenambulanz der internen Klinik bei →Lothar von Frankl-Hochwart, wo innovative Forschungen zur Hypophyse, Pathogenese der Tetanie und zu Hirntumoren erfolgten. Nach seiner Rückkehr nach Lemberg übernahm O. 1909 die Leitung der Abteilung für Nerven- und Geisteskrankheiten am dortigen Allgemeinen Krankenhaus; 1910 Privatdozent für Neuropathologie, 1915 Lehrstuhlleiter für Neurologie, 1919 ao. Professor an der Universität Lwów. 1920 wurde er zum o. Professor für Neurologie ernannt und gleichzeitig zum Leiter des Neurologischen Klinikums an der Universität Warschau bestellt; 1927/28 Delegierter des Universitätssenats, 1929/30 Dekan der medizinischen Fakultät. Ab 1934 leitete O. das neurobiologische Marcellus Wilhelm von Nencki-Institut in Warschau. Zu seinen Schülern zählen u. a. Łucja Frey-Gottesman, Zygmunt Kuligowski, Aleksander Ślączka, Jerzy Choróbski, Adam Opalski, Włodzimierz Godłowski, Jakub Mieczysław Cunge und Aniela Gelbard. Eng arbeitete er mit →Henryk Halban, Witold Nowicki und →Gustaw Bikeles zusammen. O. befasste sich mit der Diagnose und Therapie von Erkrankungen des Hirnstamms, mit dem autonomen und peripheren Nervensystem, mit der Pathogenese von Myotonie, Tetanie, Epilepsie, Chorea, lethargischer Enzephalitis, Neuroendokrinopathien, weiters mit Fragen zur Neurohistologie und Histologie des Nervengewebes. Insbesondere setzte er sich für die Neurochirurgie als eigene Fachrichtung ein. 1909 beschrieb er erstmals das Lähmungssymptom bei Myotonie, 1913 führte er den Begriff Opsoklonus in die Medizin ein. Seine Fachbeiträge erschienen in deutscher, französischer und polnischer Sprache, u. a. in der „Wiener klinischen Wochenschrift“, der „Deutschen Zeitschrift für Nervenheilkunde“, im „Przegląd Lekarski“, in der „Polska Gazeta Lekarska“, im „Lwowski tygodnik Lekarski“, in der „Revue Neurologique” und den „Comptes rendus des séances de la Société de biologie”. Erwähnenswert sind u. a. „Ein Fall von Mißbildung des Lateralrecessus“ (in: Arbeiten aus dem Neurologischen Institute an der Wiener Universität 14, 1908), „Die Tetanie mit myotonischen Symptomen“ (in: Jahrbücher für Psychiatrie und Neurologie 29, 1909), „Zur Pathogenese und pathologischen Anatomie der multiplen Neurofibromatose und der Sclerosis tuberosa ...“ (in: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie 11, 1912, gemeinsam mit Nowicki), „Maksymilian Rose jako badacz cytoarchitektoniki mózgu“ (in: Neurologia Polska 21, 1938) und „Józef Babiński ...“ (in: Lekarz Wojskowy 21, 1933). 1923–38 gehörte er dem Redaktionskomitee der Zeitschrift „Neurologia Polska“ an, 1938 fungierte er als deren Chefredakteur. O. war ab 1921 Vorstandsmitglied des Warszawskie Towarzystwo Neurologiczne (1923 Schatzmeister), ab 1921 Mitglied der Akademia Nauk Lekarskich, ab 1930 der Polska Akademia Umiejętności, ab 1928 Präsident des Polskie Towarzystwo Popierania Badań Mózgu, ab 1933 Mitglied des Towarzystwo Naukowe Warszawskie sowie ab 1933 Präsident des Polskie Towarzystwo Neurologiczne. Darüber hinaus fungierte er als Ehrenmitglied des Towarzystwo Lekarskie Częstochowskie, des Lwowskie Towarzystwo Lekarskie sowie von neurologischen bzw. psychiatrischen Gesellschaften in Wien, Paris, Tartu und der Gesellschaft Deutscher Neurologen und Psychiater. 1938 wurde ihm der Orden Polonia Restituta verliehen.

L.: PSB; W. Hahn, Kronika Uniwersytetu Lwowskiego 2, 1912, S. 350, 459ff.; A. Peretiatkowicz – M. Sobeski, Współczesna kultura polska, 1932; E. Herman, Neurolodzy polscy, 1958, S. 348ff.; W. Zwozdziak, in: Archiwum historii medycyny 28, 1965, S. 322; Z. Albert, Lwowski wydział lekarski w czasie okupacji hitlerowskiej 1941–44, 1975, S. 110f.; W. Wojtkiewich-Rok, Dzieje wydziaіu lekarskiego Uniwersytetu Lwowskiego w latach 1894–1918, 1992, S. 35, 82, 88, 131; Leksykon historii Polski, 1995; A. Śródka, Uczeni Polscy XIX–XX stulecia 3, 1997; B. Emeryk-Szajewska – H. Kwieciński, in: Neurologia i Neurochirurgia Polska 45, 2011, S. 191ff.; A. M. Magowska u. a., in: Journal of Neurology 265, 2018, S. 1953ff. (mit Bild).
(M. Nadraga)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)