Bergmeister, Otto (1845–1918), Ophthalmologe

Bergmeister Otto, Ophthalmologe. Geb. Silz (Tirol), 15. 2. 1845; gest. Wien, 3. 10. 1918; röm.-kath. Sohn des Landgerichtsamtsverwalters Johann Anton Bergmeister und von Friderika Bergmeister, geb. Pircher, Vater von Rudolf Bergmeister (s. u.); ab 1874 verheiratet mit Hedwig Bergmeister, geb. Findeys (1850–1905), ab 1905 mit Johanna Bergmeister, geb. Eysler, verwitwete Freund (geb. 1869), die sich besonders in der Kriegsfürsorge engagierte. – Nach dem Besuch des Gymnasiums in Innsbruck studierte B. ab 1864 Philosophie an der dortigen Universität und ab 1865 Medizin an der Universität Wien; 1870 Dr. med., Dr. chir. und Mag. obstet. 1872 als Aspirant an der Wiener Augenklinik tätig, hatte B. 1873–74 eine Assistentenstelle unter →Ferdinand von Arlt inne. Daneben betrieb er histologische Studien im Laboratorium von →Samuel Schenk. 1874 habilitierte sich B. an der Universität Wien für Augenheilkunde mit der Arbeit „Beiträge zur Beurtheilung der Aderhautentzündung und ihres Einflusses auf das Sehvermögen“ (in: Graefe᾽s archive for clinical and experimental ophthalmology 20). 1892 wurde er ao. Professor für Augenheilkunde an der Universität Wien, im selben Jahr ordinierender Arzt der Augenabteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung und 1896 deren Vorstand. 1908 Regierungsrat, trat er 1916 mit der Verleihung des Hofratstitels in den Ruhestand. Seine Absicht, die okulistische Abteilung der Rudolfstiftung noch über die Kriegsdauer hinweg zu leiten, konnte er aus gesundheitlichen Gründen nicht verwirklichen. Wissenschaftlich befasste sich B. v. a. mit klinischen Fragestellungen, u. a. arbeitete er zu angeborenen Augenanomalien, zur Therapie des Trachoms, zu den Auswirkungen von Allgemeinerkrankungen auf die Augen des jeweiligen Patienten wie beispielsweise bei der harnsauren Diathese, aber auch zu Augenverletzungen. Erwähnenswert ist seine Bearbeitung des von →Josef Grünfeld herausgegebenen „Compendiums der Augenheilkunde nach weil. Dr. Max Tetzer᾽s systematischen Vorträgen“ (2. Aufl. 1874). Weiters publizierte er zur Entwicklungsgeschichte des Säugetierauges. Darüber hinaus galt B. als begnadeter Lehrer, bei dem auch viele ausländische Mediziner ihr Wissen vertieften. Zudem genoss er als Arzt und Operateur einen ausgezeichneten Ruf. Zu seinen Patienten zählten u. a. →Friedrich Simony und →Karl Lueger. 1914 wurde B. allerdings wegen einer mangelnden Nachbehandlung einer Operation, die sein Sohn Rudolf während B.s Urlaubs durchgeführt hatte, angeklagt. Jedoch hatte der Patient selbst es verabsäumt, sich den nötigen medizinischen Maßnahmen zu unterziehen. B. war ab 1878 Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien (ab 1882 2., 1894–1916 1. Sekretär), weiters Mitglied der Gesellschaft für innere Medizin und der Morphologisch-Physiologischen Gesellschaft zu Wien. Er fungierte auch als Präsident der Witwen- und Waisensocietät des Wiener medizinischen Doctoren-Collegiums. Sein Sohn, der Ophthalmologe Rudolf Bergmeister (geb. Wien, 11. 6. 1875; gest. ebd., 15. 6. 1968; bis 1920 röm.-kath., dann evang. AB), war 1906–13 in 1. Ehe mit Wilhelmine Suida (1882–1953), der Tochter von →Wilhelm Suida, ab 1920 in 2. Ehe mit Kamilla Bergmeister, geb. Polack (1890–1970), verheiratet. Er studierte nach dem Besuch des Schottengymnasiums ab 1893 Medizin an der Universität Wien, wobei er das Sommersemester 1898 in Heidelberg verbrachte; 1899 Dr. med. in Wien. 1901–10 vertiefte er seine Kenntnisse als Operationszögling und Assistent an der II. Universitäts-Augenklinik bei →Ernst Fuchs und an der II. Chirurgischen Universitätsklinik bei →Karl Gussenbauer. Während seines Militärdiensts 1914–18 wurde B. 1915 mit einer Arbeit über die Genese der Orbitalzysten und der im Mikrophthalmus vorkommenden Netzhaut- und Aderanomalien für Augenheilkunde an der Universität Wien habilitiert. B. war Ambulatoriumsvorstand und Facharzt für Augenkrankheiten am Wilhelminenspital in Wien. Daneben fungierte er als Konsiliar-Augenarzt an der Universitäts-Kinderklinik; ab 1955 berufsunfähig infolge einer eigenen Augenerkrankung. Wissenschaftlich wandte sich B. diversen klinischen Fragestellungen zu, wobei ein Schwerpunkt auf den tuberkulösen Augenerkrankungen lag. 1915 erhielt er das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens. Ab 1907 war er Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien, weiters Mitglied der Wiener Ophthalmologischen Gesellschaft sowie der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft in Heidelberg.

Weitere W.: s. Heid. – Rudolf B. (s. auch Hollwich): Die tuberkulösen Erkrankungen des Auges, 1927.
L.: Deutsches Volksblatt, 10. 4. 1894; NFP, 23. 2. 1907 (Abendblatt), 30. 5. 1916 (Abendblatt); Neues Wiener Journal, 21. 2., 2. 5. 1914, 4. 10. 1918; Neues Wiener Abendblatt, 3. 10. 1918; Eisenberg 2; Fischer; Hirschberg, Geschichte der Augenheilkde. 15/2; Inauguration Univ. Wien 1918/19, 1918, S. 59f.; WMW 68, 1918, Sp. 1821; D. Heid, Personalbibliographien der Professoren und Dozenten der Augenheilkunde ... Universität Wien ... 1812–84, med. Diss. Erlangen-Nürnberg, 1972, S. 63ff. (mit W.); Pfarre Am Hof, Pfarre Unsere Liebe Frau zu den Schotten, Pfarre Votivkirche, UA, alle Wien; Pfarre Silz, Tirol. – Rudolf B.: Jb. der Wr. Ges.; Ophthalmologenverzeichnis, ed. F. Hollwich, 1964 (mit W.); Lutherische Stadtkirche, Pfarre Maria Hietzing, Pfarre Unsere Liebe Frau zu den Schotten, Pfarre Ottakring, UA, WStLA, alle Wien; Bundesarchiv Berlin, D.
(F. Krogmann)  
Zuletzt aktualisiert: 10.12.2019  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 8 (10.12.2019)